
Das mit dem LangsamLeben ist nicht immer einfach, wenn das Haus brennt.
Im Jahre 1 n. Corona, d.h. 2020, blieb ich einfach am Schreibtisch sitzen. Und baute das Handbuch Klimakrise auf 700 Seiten aus. Als ich danach wieder aufstand, moserte – oh Wunder – mein Rücken. Kann ich nicht weiterempfehlen.
Ab 2020 war ich drei intensive Jahre lang Mitglied im Koordinierungskreis des Zukunftsrat Hamburg und war dort federführend u. a. an der Stellungnahme zum Hamburger Klimagesetz/Klimaplan sowie am Hamburger Zukunftsmanifest beteiligt. Letzteres existiert auch in Leichter Sprache.
Derweil habe ich in Bezug auf die existenzielle Ökokrise einige weniger umfangreiche Webprojekte ins Leben gerufen, die als Fortführungen von LebeLieberLangsam gelten dürfen, darunter das Klimanifest, Klimafragen.com und leitlinien4Future.de.
„Wie kann es weitergehen, damit es weitergehen kann?“ – Diese ‚Mutter aller Fragen‘ versuche ich seither zu beantworten. Dazu habe ich eine neue Grunderzählung über unser Selbstverständnis als Menschen geschrieben: Eine neue Geschichte der Zukunft. Wer wir sind. Wo wir herkommen. Wer wir künftig sein können. sowie eine ganze Anzahl von Essays, die im Handbuch Zukunft zusammengefasst sind.
Mein Zukunftsrat-Kollege Wolfgang Lührsen (BUND Hamburg) und ich haben gemeinsam die Handreichung SPRACHE MACHT ZUKUNFT – Ein klimagerechtes und zukunftsfähiges Vokabular verfasst. Hier lautet der Grundgedanke, dass wir noch gar nicht die richtigen Begriffe haben, um in Worte zu fassen, was Sache ist. Und psychologisch ausgedrückt: Was man nicht in Worte fassen kann, kann man auch nicht erklären, nicht verstehen und erst recht nicht emotional begreifen. Außerdem schöpfen wir aus unseren vielen Politiker:innengesprächen, die wir für den Zukunftsrat Hamburg geführt haben und zeigen eine ganze Reihe von typischen Gesprächsfallen auf, die zu umgehen sehr hilfreich ist, möchte man die:den andere:n erreichen.
Und schließlich habe ich noch das Muße-Projekt musik-und-klimakrise.de bzw. klimasongs.de ins Leben gerufen, bei dem ich
- sowohl eine umfangreiche Sammlung von Klimakrisensongs – thematisch angesiedelt im Bereich „Überlebenskrise der Menschheit“ samt „Klimakrise“ und „Massenaussterben“ – präsentiere als auch
- den Stand der Zukunftsfähigkeit der Musikbranche dokumentiere
und bei dem auf diese Weise meine musikwissenschaftliche Forschung mit meiner Arbeit als Zukunftsaktivist zusammenbringe.
Auch wenn ich derzeit sicher nicht so langsam lebe, wie ich es selbst gerne würde und mir vorgenommen habe, bin ich – relativ zu meiner sozialen Umgebung gesehen – sicher in einem deutlich unterdurchschnittlichen Lebenstempo unterwegs.
LLL hat mich persönlich vorangebracht in Sachen Langsamkeit…, ohne LLL gäbe es kein Handbuch Klimakrise etc. pp.
Und ich bin sicher, dass dem Langsamleben die Zukunft gehört:
- Unsere Gesellschaften der frühindustrialisierten Nationen stehen – so sie den Zivilisationskollaps umgehen wollen – jetzt, sofort und heute! vor tiefgreifenden, sämtliche Lebensbereiche erfassenden gesamtgesellschaftlichen Transformationen.
- Wir haben nicht im eigentlichen Sinne ein „Klimaproblem“, sondern ein Gesellschaftsproblem: Viele von uns verkennen, dass wir Menschen in Symbiose mit allem Lebendigen leben und dass die derzeitige (ökonomische) Steigerungslogik weltfremd bzw. naturgesetzwidrig sind. Symptome dieses Befundes sind die existenzielle Klimakrise und die ebenso lebensbedrohliche Zerstörung des Web of Life.
Daraus folgt: Möchte der Mensch weiterhin geduldeter Teil des Web of Life sein, hat er seine Lebensweise klima- und generationengerecht vom Kopf auf die Füße zu stellen – und, neben vielem anderen: langsamer zu leben.
Ich persönlich lebe weiterhin terran & vegetarisch, reise freudig lesend ab und zu mit dem Zug, fahre Fahrrad, freue mich über mein 2008er Handy, fahre im Winter Schlittschuh auf meinen seit 1992 im Dienst befindlichen Schuhen, habe allgemein wenig Zeugs an den Hacken, schreibe Musik, singe, treffe Freund:innen, gehe gerne für rund 15 Euro in Konzerte in der Elphi, gebe musikwissenschaftliche Seminare – und bin mir bewusst, dass ich einen Haufen unverdienter Privilegien mein Eigen nenne. Und richtig ist auch: Konsumarme Genügsamkeit bringt Zeitwohlstand, der viel zu meinem Wohlergehen beiträgt. Was wie ein Privileg wirken mag. Andere wiederum würden mich finanziell gesehen „arm“ nennen. Sollen sie. Wer ist hier arm?
Ich bleib‘ dabei,
– und irgendwie schließt sich hier ein Kreis, wenn ich LLL heute mit diesen Sätzen in überarbeiteter Form und mit einem neuen Layout versehen bis auf Weiteres abschließe –
Ich lebelieberlangsam.
Marc Pendzich.

… zum Schluss kommen ist gar nicht so einfach. Aber jetzt, kommen sie, die letzten Worte:
Liebe:r Leser:in,
vielen Dank, dass Du bis hier hin gelesen hast, ich freue mich und fühle mich auch ein bisschen geehrt! –
Alles Gute für Dich, LebeLieberLangsam!
Danke.
Marc Pendzich.
Dieser Gedankengang erschien am 22. Januar 2022. Zuletzt geändert am 20. Juni 2023.
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